Coronazeiten: Bericht aus der Brühler Ratsfraktion April 2020

Bortlisz-Dickhoff mit Mundschutz

Bericht über die Arbeit der Fraktion der Brühler Grünen von der letzten Ratssitzung am 17.02.2020 bis zur Ratssitzung am 26.04.2020

Die Corona-Pandemie ändert alles, auch die kommunale Selbstverwaltung. Wer hätte im Januar gedacht, dass sich die Kommunalpolitik damit abfindet, nur noch im Rahmen eines verkleinerten Rates zu agieren, und ansonsten alles dem Bürgermeister überlässt. Und das in Kommunalwahlzeiten mit der Wahl des Bürgermeisters, bei der auch normalerweise schon massive Startvorteile beim Amtsinhaber liegen.

Ohne die gesamte Bewegung in den Gesetzen und Verwaltungsvorschriften darstellen zu können oder zu wollen, soll zumindest die hiesige Lage kurz erläutert werden.

Als Fraktion tagen wir mit dem Programm Jitsi Meet auf dem Server der Bundespartei in wöchentlichen Videokonferenzen und haben bisher schon vier Sitzungen jeweils montags um 19:00 durchgeführt. Zuletzt hatten wir auf Bitten des Ortsvorstandes noch einmal intensiv nach Themen gesucht, die sich für das Video-Konzept unseres Bürgermeisterkandidaten eignen. Identifiziert wurde ein mögliches Gespräch mit den Kleingärtnern nördlich des Phantasialandes, die Qualität der Radwege durch ein Gespräch mit Bernd Weber-Aderhold, oder die Pläne zur Phantasialandausweitung über ein Gespräch mit Frau Dr. Doris Linzmeier von der Initiative 50.000 Bäume. Generell wurde festgehalten, dass sich die Fraktionsmitglieder mit ihren Themen in allen Programmarbeitskreisen engagiert hatten, die Fraktionsberichte, die Haushaltsreden zur Verfügung stehen und die Fraktion immer gesprächsbereit ist.

Die Fraktion verfügt auch über einen Threema-Chat-Account, in dem wir mitunter Spaßiges, meistens aber ernsthaftes außerhalb der Reihe diskutieren, unter anderem auch Anfragen oder Anträge in den ersten Entwurfsfassungen.

Für den Stadtrat haben sich im Ältestenrat die Fraktionsvorsitzenden darauf verständigt, dass eine verkleinerte Besetzung des Rates eine von Allen akzeptierte Möglichkeit ist, das politische Leben auf Sparflamme weiter laufen lassen zu können. Im später durch das Land erlassenen Epidemie-Gesetz ist zwar die Möglichkeit vorgesehen, dass der Hauptausschuss in die Funktion des Rates tritt. Damit wären aber die Mehrheitsverhältnisse des Rates nicht mehr abgebildet gewesen. Der verkleinerte Rat setzt sich wie folgt zusammen: 10 CDU, 8 SPD, 3 GRÜNE, 1 FDP, 1 Linke/Piraten, Ratsmitglied Herrmann und Bürgermeister Freytag.

Dass aktuell keine vorberatenden Ausschüsse mehr stattfinden, führt dazu, dass jedes Thema der Tagesordnung gründlich und daher im Einzelfall auch länger beraten werden muss. Trotz der vorgegebenen Begrenzung der Ratssitzung auf 2 Stunden ist die Ratssitzung dann aber mit viereinhalb Stunden deutlich zu lang gewesen. Dies liegt an der Überfrachtung mit Inhalten, zu der auch wir zumindest zum Teil beigetragen haben. Es liegt aber vor allem auch am völligen Fehlen eines fachlichen Austausches, der üblicherweise in den Fachausschüssen stattfindet.

Ich schlage daher zunächst dem Koalitionspartner vor, dass wir das von uns im Kreis entwickelte Modell von Video-Fach-Konferenzen auch in Brühl übernehmen, in denen die Fachberatung von Vorlagen vor der Befassung in der Ratssitzung stattfindet. Neben dem Ausschussvorsitzenden sollen die jeweiligen fachpolitischen Sprecherinnen und Sprecher sowie die zuständigen Beigeordneten und sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohner der Ausschüsse teilnehmen. Beratungsergebnisse – also keine Beschlüsse – werden dann dem Rat vor der Abstimmung vorgelegt.

Der Inhalt der Ratssitzung wurde in mehreren Tagesordnungspunkten vom Corona-Virus geprägt. CDU und GRÜNE hatten einen weitreichenden Prüfantrag (siehe Ratsinformationsdienst, Vorlage 113/2020) gestellt und diesen kurzfristig auch noch um Punkte ergänzt. Es ging uns um die Prüfung der Aussetzung von Elternbeiträgen für Kindertagesstätten und Offene Ganztagsschulen, die Prüfung der Beratung für Brühler Unternehmen, Einzelhändler und Gastronomen, die Prüfung der Unterstützung für Vereine sowie um die Prüfung der Machbarkeit von Videokonferenzen zu Zeiten des offiziellen Kontaktverbots der Landesregierung NRW. Mit der Ergänzungsvorlage (163/2020) wollten wir zusätzlich geklärt sehen die überplanmäßige Bereitstellung von Geldern, um vor Wiederaufnahme des Schulbetriebs die erforderlichen Hygienemaßnahmen baulich umzusetzen und im laufenden Betrieb durch Ergänzung der Auflagen für die Reinigungsroutinen zu sichern und die Sicherstellung, auch durch Nutzung entsprechender Landesmittel, dass alle Schülerinnen und Schüler technisch so ausgestattet sind, dass sie am Homeschooling teilnehmen können, notfalls durch Unterstützung des Schulträgers mit Leihgeräten oder Zuschüssen für Geräte oder den Netzzugang.

Ebenfalls kurzfristig hatten wir zur Ratssitzung noch eine Anfrage wie folgt gestellt (164/2020): Mit Datum vom 23. April 2020 wurde durch die Landesregierung die Liste der Tätigkeitsbereiche erweitert, für die in diesen Bereichen Tätige einen Anspruch auf eine Notfallbetreuung ihrer Kinder haben. Diese Liste wird zum 4. Mai 2020 noch erweitert um den Anspruch für Alleinerziehende auf Notfallbetreuung ihrer Kinder in der Kindertagesstätte. Zu der Thematik stellen sich uns folgende Fragen: 1. Wie viele Kinder werden in Einrichtungen in Brühl aufgrund der bisher geltenden Liste von Eltern mit Anspruch auf Notfallbetreuung ihrer Kinder betreut? 2. Wie viele Kinder werden zusätzlich aufgrund der Neuregelung betreut? 3. Wie viele Anfragen zur Notfallbetreuung wurden gestellt und abschlägig beschieden? 4. Wie groß ist der Bedarf auf Kinderbetreuung von Kindern einzuschätzen, deren Eltern keinen Anspruch auf Notfallbetreuung haben? 5. Ab wann und unter welchen Voraussetzungen ist es denkbar, dass selbst organisierte Elterninitiativen die Betreuung ihrer Kinder in Kleingruppen untereinander organisieren? Das ermöglicht den sozialen Kontakt der Kinder untereinander und schafft den Eltern Freiräume?

Der Bürgermeister beantwortete einen Großteil der Fragen mit der Mitteilungsvorlage 113/2020.

Der Gebührenerlass für den Monat April für die Betreuung von Kindern in der offenen Ganztagsschule, in den Kindertagesstätten oder der Kunst- und Musikschule wurde bereits unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Rates durch den Bürgermeister öffentlich kommuniziert. Auch für den Mai soll die Regelung weiter gelten. Die Beschlüsse wurden einstimmig gefasst.

Nicht unwichtig ist natürlich die Frage, wie sich die Corona-Krise auf die Finanzen der Stadt auswirkt. Auch dazu hatten wir Fragen an den Bürgermeister per Mail auf den Weg gebracht. Eine erste Übersicht bietet die Tischvorlage (155/2020) des Kämmerers. Meines Erachtens werden die wirklich schwerwiegenden finanziellen Auswirkungen auf allen Ebenen, von der Kommune über den Kreis, das Land, den Bund und Europa nur über außerordentliche Sonderpositionen in der Bilanz zu bearbeiten sein, die Abschreibungen über 50 Jahre zulassen.

Ohne große Diskussionen wurde die weitere Leistungsphase zum Umbau des Jahnshofes, die Wahlordnung für den Integrationsrat und die Einführung der Offenen Ganztagsschule in Pingsdorf beschlossen.

Die Schulentwicklungsplanung für die Grundschulen weist noch Unklarheiten aus, so dass wir noch nicht den Ausbau der Pingsdorfer Grundschule auf die volle Zweizügigkeit beschlossen haben. Zumindest denkbar ist, die Pingsdorfer Grundschule mit einer Depandance in Schwadorf zu versehen, und dort den Neubau zu errichten, so dass jeweils eine Klasse in Pingsdorf und in Schwadorf zustande käme.

Mit den zusätzlichen Hygiene-Aufwendungen in den Schulen ist der Schulträger Stadt erheblich gefordert, so dass wir die Vorlagen zur Verwendung der 2019er Restmittel aus dem Programm „Gute Schule 2020“ und die zum Förderprogramm Digitalpakt durchgewunken haben. Insbesondere zum Digitalpakt hat der Bürgermeister auf meine Nachfrage zur Kompatibilität der Planungen der verschiedenen Schulen bestätigt, dass nun alles unter Federführung der IT der Verwaltung abgestimmt funktioniert.

Vertagt wurden die Sportförderrichtlinien, wohingegen die Vorlagen zum Modellprojekt „Smart Cities“, zur Einrichtung eines Citymanagements auf Grund eines älteren Antrags von CDU, GRÜNEN und FDP sowie zum Gesellschaftervertrag der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises beschlossen wurden.

Heftiger diskutiert wurde die Frage, wie der geplante Inklusionsbeirat zu Vorsitz und stellvertretendem Vorsitz kommen sollen. Dies wurde daher vertagt.

Die Änderung der Spielplatzsatzung konnte beschlossen werden. Eine umstrittene Passage wurde abgelehnt. Nun legt der Jugendhilfeausschuss die Kategorie fest, ob der Spielplatz für Kleinkinder, für bis zu 14-Jährige oder als Bolz- oder Spielplatz für bis zu 18-jährige gedacht ist.

Geld gibt es für die vorläufige Einrichtung der Kindertagesstätte Wingertsberg für drei Gruppen.

Heftigster Streitpunkt der Sitzung war der Antrag von CDU und GRÜNEN (Vorlage 124/2020) zur Einrichtung eines Mehrgenerationenzentrum West mit Schwerpunkt „Bewegung und Sport“, der nach der Diskussion mit einstimmigem Beschluss vertagt wurde.

In der Pressemitteilung heißt es:

In Brühl West soll nach den Vorstellungen von CDU und GRÜNEN in Kooperation mit dem Brühler Turnverein 1879 e.V. (BTV) ein Mehrgenerationenzentrum entstehen. Es beherbergt eine Sport-Kita, ein Lehrschwimmbecken, ein Mehrgenerationentreff sowie ein regionales Quartiersmanagement für die westlichen Stadtteile.

An der Von-Wied-Straße soll ein Gebäudekomplex entstehen, der die fünfgruppige Kindertagesstätte mit Schwerpunkt Sport und Bewegung, dem Schwimmbecken, den Räumlichkeiten für einen Generationentreff und für das Quartiersmanagement aufnimmt.

Neben z.B. Waldkindergarten stellt die künftige Sportkita eine sinnvolle Erweiterung der Kita-Vielfalt in Brühl dar. Durch ein Angebot an entsprechenden Bewegungsformen und -erfahrungen, die auf die frühkindlichen Bedürfnisse abgestimmt sind, soll das Denk- und Wahrnehmungsvermögen angeregt werden.

Dank der vorausschauenden Planung der politischen Mehrheit nimmt die Stadt Brühl im Rhein-Erft-Kreis und in NRW einen Spitzenplatz in der Kindertagesbetreuung ein. Für 52% der unter Dreijährigen und etwa 98% der über dreijährigen Kinder stehen heute schon Kita-Plätze in Brühl zur Verfügung.

Studien der DLRG belegen, was auch der Verwaltung bereits bekannt ist: Immer weniger Kinder können schwimmen. Ein in die Kita integriertes Lehrschwimmbecken soll diesen Zustand verbessern. In Ergänzung zu den begrenzten Kapazitäten des Karlsbades wird den Kindern aller Brühler Kitas und Grundschulkindern bis zur 2. Klasse die Möglichkeit geboten werden, die Grundbasis des Schwimmens zu erlernen.

CDU und GRÜNE haben sich darauf verständigt, dass die Trägerschaft für alle Bestandteile des Zentrums beim BTV liegen soll. Dies ist ein wesentlicher Vorteil, da alles unter einem Dach koordiniert werden kann.

In dem westlichen Stadtteil Brühls wohnen überproportional viele ältere Bürgerinnen und Bürger. Für eine lebendige, gesunde Stadtentwicklung hat das Miteinander der Generationen einen hohen Stellenwert. In einem offenen Treff (z.B. einer Caféstube oder Begegnungsraum) sollen Menschen miteinander ins Gespräch kommen und erste Kontakte knüpfen. Das Angebot richtet sich an alle Menschen – unabhängig von Alter oder Herkunft. Jede und Jeder ist willkommen unter dem Motto: Jüngere helfen Älteren und umgekehrt. Interessierte können sich mit ihren Erfahrungen und Fähigkeiten einbringen und zugleich vom Wissen und Können der anderen profitieren.

Die GRÜNE Fraktion hatte den Entwurf zum Antrag intensiv beraten und an vielen Stellen Konkretisierungen und Festlegungen durchgesetzt. Die gewünschte Kombination von Kita und Mehrgenerationentreff ist in dieser Form nur mit dem BTV machbar, so dass wir hier eigentlich keine Ausschreibung machen können. Die Frage nach der Notwendigkeit zumindest eines Interessenbekundungsverfahrens ist von der SPD in der Ratssitzung nochmals markiert worden und ist zu klären. In dieser Form kann das Projekt aber nur vom BTV realisiert werden. Klar ist auch, dass der BTV der Träger und Verantwortliche wird. Die Stadtwerke sind Dienstleister für den Support von BHKW und Schwimmbecken, aber nicht in der Trägerverantwortung.

Die seit der letzten Ratssitzung am 17. Februar geplanten Sitzungen von Jugendhilfeausschuss am 12.03., Vergabeausschuss am 23.03. und der AöR am 25.03. sind Corona-bedingt ausgefallen.

Allein der Wahlausschuss hat am 18.02. noch getagt und hat die Wahlkreiseinteilung nach intensiver Vorarbeit durch die Verwaltung beschlossen. Zuvor wurden aber die von CDU und GRÜNEN abgestimmten Änderungen durchgesetzt. So ist jetzt zum Beispiel die Anna-Schmitz-Straße oder der Schwestern-Brünell-Weg wieder wie die anderen Straßen des Wohngebietes an der ehemaligen Zuckerfabrik wieder im Wahlkreis 02.

Bleibt gesund und achtsam

Johannes Bortlisz-Dickhoff
Fraktionsvorsitzender

p.s.: fasst hätte ich es vergessen: auf mein Drängeln drängelt auch Beigeordneter Brandt in Sachen Kommunalstreitverfahren bei unserem Anwalt. Der schreibt am 22. April: „Heute ist es mir gelungen, den Berichterstatter telefonisch zu erreichen. Er teilte mir mit, dass die Kammer doch noch nicht am 28.03.2020 entschieden habe, dass Entscheidungen aber nunmehr kurzfristig, voraussichtlich bis zum Monatsende, ergehen werden. Ich gehe davon aus, dass wir diese dann auch sofort erhalten werden.“